Dante Gabriel Rossetti, Venus Verticordia (1864-1868) |
Sonntag, 15. Mai 2011
Der Göttin Sein bewirkt das Leben
Das Sein ist mein,
sagte die Göttin uns,
denn mir allein
zusteht die Göttergunst,
in jeder Form
euch zu gewähren sie,
als eure Norm,
die zu erfüllen ihr.
Die Menschen einmal nur der Götter Sein gesehen,
sogleich sie leugneten ihr irdisches Vergehen
und hielten sich auch selbst für allzeit unvergänglich,
das Göttliche an Leib und Seele für empfänglich,
im Jenseits eiferten den Göttern sie gar nach,
im Diesseits aber alles Irdische lag brach,
allein dem Geist zu dienen, sie sich noch bemühten,
dabei das Lebende zum Tode hin verführten.
Der Menschen Wahn, dem eignen Werden zu entfliehen,
auf einem Sein zu gründen, das nur ausgeliehen,
die Scheme, die die Götter gaben, Zeit zu ahnen,
wenn wandelnd auf der Gegenwart fiktiven Bahnen
und dort zu greifen nach Begriffen und Ideen,
gewonnen nur aus dem, was einstmals ist geschehen,
uns raumlos Wirklichkeiten spiegeln zeitlos vor,
als zu den Göttern hebe Menschen man empor.
Zu denken ward dem Menschen deshalb nur gegeben,
er in Gedanken ungehindert konnte streben
nach allem, was von ihm dabei war frei ersonnen,
doch ohne dass die Gipfel wären schon erklommen,
was auch er wollte, musste erst geschaffen werden,
denn ohne Werden nichts gedeiht und wächst auf Erden,
nichts findet sich, was ohne Anfang dort nur ist,
kein Sein dich stützt und dessen Teil du nur noch bist.
Mein Sein ist dein,
dass es in dir bewirkt,
nur dort zu sein,
dass meine Macht es birgt,
die hier obwaltet,
Leben gedeihend schafft,
von ihr gestaltet
durch meine Götterkraft.
Das Sein eröffnet dir, das Leben zu entfalten,
die Form zu wählen, die es soll dabei erhalten,
die Wirklichkeiten aber auseinanderklaffen,
denn was zu tun ihr absprecht, niemals wird erschaffen,
bewirken zwar, das ist dem Werden immer möglich,
zu bleiben und zu sein indes, ist ihm unsäglich,
darum die Menschen mit den Formen nur begehren,
der Wiederholung Zuverlässigkeit zu mehren.
Nur durch Verlässlichkeit kann man das Sein nachahmen,
zudem verhindern, Lebenskräfte zu erlahmen,
des Bleibens Eindruck scheinbar dauerhaft begründen,
obgleich es unvermeidbar wird im Ende münden,
deshalb, wer Sein will wirklich selbst in sich erfahren,
nicht nur den Schein in seinem Geist abstrakt bewahren,
den es mit aller Lust und Liebe dahin zieht,
wo in der Göttin Garten Leben üppig blüht.
Im Leib der Erde, der auch der des Menschen ist,
dort trifft die Kraft belebend mit der Göttin List
auf Energie und richtet deren Form zu Körpern,
die sich verbinden, alles Werdende zu fördern,
der Götter Sein befruchtet so die ganze Welt,
dass Schönes wird, wenn ihrer Liebe es gefällt,
so treibt ihr Sein Natur wie Mensch an zu gestalten,
dass alles wird, der Göttin Liebe zu erhalten.
Allein mein Sein
offenbart die Kraft,
dass im Verein
unsere Lust es schafft,
mit meiner Macht
wird ein Leib gekört,
so dargebracht,
wie er mir gehört.
©
Karsten Cascais
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