William Adolphe Bouguereau, Nymphen und Satyr, 1873 |
Ganz allein bist nichts du auf der Welt,
wer jedoch mit andren nur es hält,
wird sein Leben ebenso vergeuden,
nichts wird er dabei für sich erzeugen,
das in seiner Seele Mitte brennt,
wenn ihn von der Göttin nichts mehr trennt.
Was der Mensch auch fühlt, was er erlebt,
ihm geschieht, er liebt, wonach er strebt,
kann Gewicht für ihn nur dann erlangen,
wenn in seiner Seele ward‘s gefangen
und dabei ein Teil von ihm geworden,
fest in seinem Werden ist geborgen.
Alles wird zum Leben nur erweckt,
wenn der Odem hierauf sich erstreckt,
den die Göttin in die Welt ergoss,
fest in jedes Menschen Seele schloss,
fürderhin mit ihr ihn zu verbinden,
jedes Heil dem Tode zu entwinden.
Andren ihres Lebens Huld zu weisen,
glückt nur auf des eignen Lebens Gleisen,
wenn sie von euch selbst zu dem hinführen,
dem der Göttin Kraft gebt ihr zu spüren,
die sie euch zu eurer Lust euch schenkte,
ihre Liebe tief in euch versenkte.
Ohne diese Lust und ihre Liebe,
ohne eures Lebens eignen Triebe,
Göttliches in euren Seelen schwände,
nichts mit anderen euch noch verbände,
niemand würde mehr der Göttin Kraft
zu dem fügen, was die Liebe schafft.
Ob zu anderen du strebst,
ob allein du nur noch lebst,
nichts zum Glücke wird dich führen,
was dich selbst kann nicht anrühren,
nichts wird deine Seele schauen,
wenn nicht andre sich erbauen.
Nur in dir brennt das Leben,
nur von dem kannst du geben,
was in deiner Seele pocht,
Elixiere die man kocht,
dass du Neues kannst erschaffen,
Lücken schließen, die da klaffen.
Doch kein Feuer kann noch wärmen,
deren Hitze nicht ausschwärmen,
wenn die Kraft es einst verliert,
zu entflammen, was gebiert,
neues Feuer, hoch zu lodern,
wegzubrennen, statt zu modern.
Fänd‘ dein Feuer nichts zu brennen mehr,
keinem Dritten gäb‘ es Wärme her,
könnt‘ nichts Fremdes wiederum entflammen,
träf‘ mit keinem anderen zusammen,
hätt‘ der Hitze Kraft schon längst verloren,
wär‘ dem Tod geweiht allein geboren.
Leben kann nur sein, was auch versengt,
die geschaffenen Formen wieder sprengt,
Neues aus Bestehendem gebären,
sich des Todes Zehren zu erwehren,
mit der Göttin Kraft geschwellter Brust
in die Welt hinaus voll Lebenslust.
Lebensmacht aus jeder Seele quellt,
wo der Göttin Thron ward aufgestellt,
treibt hinweg, die Reiche zu vereinen,
überall im Werden aufzuscheinen,
dass die Welt in aller Schönheit Pracht
ihr zum Dank der Göttin Freude macht.
Einzeln lieben Götter Menschen nur,
einzeln folgt der Mensch der Götter Spur,
nur im Einzelnen erweckt ihr Atem
jedes Wesen auf zu seinen Taten,
doch gemeinsam Menschen nur entflammen,
wenn mit Göttern treffen sie zusammen.
Einzeln nur ist Göttliches gegeben,
doch gemeinsam kann man es erleben,
Leib und Seele sind der Göttin Ziel
und verbinden sich zu ihrem Spiel,
wenn sie alle von ihr sind erkoren,
dass zur Göttin werden sie geboren.
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