Orte der Liebe

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Heiligtümer dieser Welt

Heiligtum

Wege zum Sein

Im Heiligtum preisen wir alle Leiblichkeit, weil alles Leben ein körperliches Werden ist, in dem allein die Belebung der Welt besteht und die Teil an einem göttlichen Sein hat. Das Lebende selbst, also auch der Mensch, indes wird in jedem Augenblick seiner Existenz nur durch das Zusammenspiel der daran beteiligten einzelnen Glieder bewirkt. Hierzu formt sich die Energie des göttlichen Seins, das wir in personalisierter Form Göttin nennen, zur allgemeinen Lebenskraft. Das Göttliche aber spiegelt sich in der Schönheit allen Werdens, den Körpern, der Lust und Liebe und dem Glück. Zu ihm und dessen Sein findet der Mensch daher ausschließlich über seine Leiblichkeit zurück, durch ein leibliches Gebet, mit dem er in der Vereinigung mit anderen dem Göttlichen dient, indessen nicht im Geiste, noch weniger im Tod, wie in den Grundaussagen des Heiligtums der sieben Göttinnen niedergelegt.



Hinweis


Eine alphabetische Zusammenfassung der Grundaussagen des Heiligtums finden sich im

Lexikon zum Heiligtum der Sieben Göttinnen

sowie dem

Glossar zum Lexikon

Häufig gestellte Fragen / Frequent Asked Questions beantwortet im Unterblog Heiligtum der Sieben Göttinnen FQA die Virtuelle Priesterin Lea

Übersicht häufig gestellter Fragen / FAQ


Dienstag, 9. November 2010

Phallokratie, der Sündenfall



Phallos, Dionysios Tempel, Delos, Griechenland


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"Column with Phallus at the Stoivadeion - Island of Delos, Greece" by The original uploader was PhattyFatt at English Wikipedia - Transferred from en.wikipedia to Commons by Jacopo Werther.. Licensed under CC BY 2.5 via Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Column_with_Phallus_at_the_Stoivadeion_-_Island_of_Delos,_Greece.jpg#/media/File:Column_with_Phallus_at_the_Stoivadeion_-_Island_of_Delos,_Greece.jpg



Altgriechisches Phallussymbol, vermutl. Delos


Übersteigerte Verehrung des erigierten männlichen Glieds
Phallokratie bedeutet Herrschaft  (κράτος – kratós) des Phallus, als latinisierte Form aus dem Griechischen für φαλλός – phallós hergeleitet, womit der erigierte Penis gemeint ist, normalerweise seiner Vorhaut entkleidet dargestellt. Der Begriff wird auf gesellschaftliche Verhältnisse angewandt, unter denen eine kultische Hervorkehrung  des erigierten Penis als besonderer Ausdruck männlicher Vorherrschaft verstanden wird. Quellen religiöser Verehrung des Phallus finden sich in vielen Kulturen, bedeutsam für die abendländische Kultur war aber besonders die im antiken Griechenland, hier vor allem die für Athen und seinem engeren Kulturkreis  überlieferte übersteigerte Darstellung des Phallus als Zeichen männlicher Überlegenheit, die die spätantike und abendländische Kultur entscheidend geprägt hat. In weit mehr als 15.000 ganz oder teilweisen bildlichen Darstellungen auf Keramik, die als umfassendste Quelle bildlicher Reproduktion für diese Zeit gilt, werden in überwältigend großer Zahl männliche Wesen mit erigierten Penissen in allen Situationen wiedergegeben. Den Berichten nach soll um das 5. und 4. vorchristliche Jahrhundert die Stadt Athen mit Phallusdarstellungen, wie bei dem weitverbreiten Gott Hermes, übersät  gewesen sein. Als während des für Athen sehr verlustreichen peloponnesischen Kriegs 415 v.Chr. die Männer gegen den Widerstand der um das Leben ihrer Söhne besorgten Frauen entschieden, den Krieg durch einen Angriff auf Syrakus in Sizilien auch noch auszuweiten, schlugen die Frauen während der nachfolgenden Nacht zum Protest tausenden figürlichen Darstellungen die Phalli ab, keine Hermesstatue soll verschont geblieben sein, alle Glieder lagen dort in Trümmern. Darstellungen des erigierten männlichen Glieds finden sich allenthalben auch in anderen antiken griechischen Stätten. Selbst die aus der Antike zumeist in spätantiken Kopien erhaltenen Personenstatuen folgen fast ausnahmslos einem männlichen Schönheitsideal, wie auch die höchste Lust sich allein auf Knaben (vor den äußeren Anzeichen der Geschlechtsreife) bezog und Sportwettkämpfe, von denen Frauen selbst als Zuschauer ausgeschlossen waren, in erster Linie der Zurschaustellung nackter Körper von geschlechtsreifen Jünglingen dienten. Die übersteigerte öffentliche Verehrung des Phallus fand ihre Entsprechung in der Bedeutung, der man gleichzeitig den Mythen und Sagen um die Besiegung der Amazonen, dem legendären weiblichen Kriegervolk, beilegte, mit deren Gefährlichkeit man auch die Entrechtung der Frauen und ihre Beschränkung auf den häuslichen Bereich begründete. Der Halbgott Achilles hatte in der Entscheidungsschlacht die Königin der Amazonen Penthesilea getötet, jedoch zuvor noch ihr in die Augen gesehen und war trotz ihres ihr von ihm zugefügten Todes ihrer Macht erlegen und hatte sich in sie verliebt. Was gab es einen besseren Beweis für die Gefährlichkeit der Frauen.

Phallokratie als Verdrängung des heiligen Schoßes
Die phallokratischen Züge griechischer Antike dürften aber nur eine Folge der in die neuere Zeit überkommenen Begleitumstände der Patriarchalisierung der Gesellschaft sein, nachdem die weithin verehrten weiblichen Göttinnen infolge der Entdeckung der Vaterschaft  entzaubert waren. Über viele Jahrtausende war der weibliche Schoß als göttlich verehrt worden, weil in ihm die Seelen, um wiedergeboren zu werden, eintraten und wo die göttliche Lebenskraft unmittelbar wirkte.  Die seit der jüngeren Altsteinzeit (also seit etwa 40.000 Jahren) überall in Europa gefundenen Statuetten nackter weiblicher Körper mit überbetonten Sexualmerkmalen legen hierüber Zeugnis ab. Die Zentrierung auf den weiblichen Schoß, wie er noch zu Beginn der ersten konsistenten schriftlichen Aufzeichnungen vor knapp 3000 Jahren nachweisbar ist, spiegelte sich auch in der gesellschaftlichen Organisation wieder, die vorwiegend matriarchal, bzw. matrilinear war, indem sich die Gruppen in ihrer Zugehörigkeit nach den Müttern bildeten, wie auch Rechtsübergänge, vor allem solche mythischer Natur (wie die von den Göttern abgeleitete Herrschaftsmacht), allein der weiblichen Linie folgten.  Die Macht der Frauen wurde zudem ab der Entdeckung der Landwirtschaft (ab dem 10., in Europa etwa ab 6. vorchristlichen Jahrtausend) durch die Sesshaftwerdung und der Bildung größerer Gemeinschaften gestützt. Etwa ab dem 1. vorchristlichen Jahrtausend begann sich im Wege der Verschriftlichung die Schrift als allgemeiner in sich geschlossener Informationsträger zu verbreiten, wenn auch ganz frühe Quellen auf das 3., möglicherweise sogar auf das 6. vorchristliche Jahrtausend zurückweisen. Die in unsere Zeit überlieferten großen Schriftwerke entstammen alle aus der ersten Hälfte des 1. vorchristlichen Jahrtausend (wie die Aufzeichnungen von Hesiod, Homer, die Bibel, aber auch die Aufzeichnung anderer Werke, die selber wiederum auf weitere Vorzeit zurückgehen , wie das Gilgamesch Epos). Durch die schriftliche Informationsübertragung wurden räumliche und zeitliche Grenzen der mündlichen Weitergabe gesprengt und die Bedeutung des Wortes und damit der Begriffe rückte in den Mittelpunkt. Gerade die nunmehr begrenzte Anwendung von Begriffen ermöglichte auch Abstraktionen bisher unbekannten Ausmaßes und erweiterte schließlich entschieden die Erkenntnismöglichkeiten. Es waren zudem die Männer nicht wie die Frauen unmittelbar mit ihrem Körper in den Kreislauf der Natur und der Göttinnen eingebunden, die zu Trägern der neuen Schriftlichkeiten wurden. Sie verherrlichten das Wort und geboten, sich kein Bild mehr vom Göttlichen zu machen, waren die Bilder doch lange Zeit gerade weibliche Domäne. Eine der ersten Früchte der gewonnenen Erkenntnisvorteile dürfte die Entdeckung der biologischen Vaterschaft gewesen sein, die die ganze bisherige Weltordnung auf den Kopf stellte, der eigentliche Sündenfall, denn nunmehr vertrieben die Männer die Göttinnen aus dem Paradies und mit ihnen den Primat des Weiblichen. Der Phallus, das kraftvoll strotzende erigierte Glied, wurde zum Symbol der von den Männern zu erringenden Vorherrschaft. So wird in verschiedenen schriftlichen Quellen berichtet, dass in den Tempeln vorderasiatischer Göttinnen meterhohe Phalli-Skulpturen aus Stein als Zeichen eines neuen Fruchtbarkeits- und Lebenskults aufgestellt wurden. Die Phalli zu besteigen galt als religiöser Dienst, wie man auch junge Frauen zwang, sich zur Entjungferung in den Tempeln auf dort in natürlicher Größe aufgestellte steinerne Phalli zu setzen. Die Phallisierung der Welt wurde zu einem Befreiungsschlag der Männer, die dabei aber weiterhin der Körperlichkeit eng verbunden blieben. Nur ersetzten sie den heiligen Schoß durch den heiligen Phallus, dem nun bei der Zeugung neuen Lebens alle Bedeutung beigelegt wurde. Über Jahrtausende war man offenbar einem Irrglauben aufgesessen. Denn zur Zeugung kam es auf die Mitwirkung der Frauen überhaupt nicht an, man konnte sie sich einfach nehmen, kaufen oder auch vergewaltigen. Man musste nur dafür Sorge tragen, dass die Phalli anderer Männer nicht ihren Schoß befruchteten. Hiermit beschäftigen sich seitdem weite Bereich von Sitte und Moral, Ethik und Gesetz, manchmal gar ausschließlich. Die Frauen wurden zur männlichen Sache, die man wegschloss, sich verhängen ließ, dass kein anderer sie begehre, und deren Rechte und Würde man ausschließlich darauf beschränkte, den männlichen Bedürfnissen bei der Vermehrung zu dienen. Dieses Bild überkam noch in die Moderne. Die griechische Phallokratie gibt, weil besonders gründlich dokumentiert und zudem im ganzen Mittelmeerraum verbreitet, nur ein Beispiel, mit welcher Vehemenz sich die Symbole nach der Machtergreifung des Patriarchats wandelten.


Idealisierung der Phallokratie zum patriarchalen Eingottglauben
Das war aber erst die erste Stufe der Patriarchaliserung,  die zur gegenständlichen Phallokratie mit ihrer der mythischen Überhöhung dienenden Verherrlichung des männlichen Genitals führte. Die infolge der Verschriftlichung der Information gewandelten Erkenntnismöglichkeiten brachten Philosophie und frühe Wissenschaften in ganz Griechenland zur Blüte, die sich auch im gesamten Mittelmeerraum auswirkte. Dies war nahezu ausschließlich eine männliche Angelegenheit, bei der man allenfalls vereinzelt auch Frauen teilnehmen ließ, wie einige griechische Hetären, wenn auch mehr zum Zeitvertreib. Es entstanden dabei die großen idealistischen Systeme, vor allem durch Platon, die nunmehr auch der Natur selber ihre Natürlichkeit nahmen und alles dort zum Schein erklärten, denn das Wahre, Unwandelbare und Seiende konnte danach nur im Abstrakten  der Ideen liegen. Damit war im Rückblick jeglichem Herrschaftsanspruch des Weiblichen die Grundlage entzogen, denn ihre Verehrung als göttlich bezog diese Qualität gerade aus der weiblichen materiellen und irdischen Einbindung durch Empfängnis und Geburt, was man seit dem Siegeszug des Idealismus aber gerade als null und nichtig ansah. Der Idealismus reichte der Phallokratie die philosophische Begründung nach, die im Abstrakten der Ideen lag, wovon Frauen selbstredend schon allein wegen ihrer Erdverbundenheit ausgeschlossen waren (man denke nur an ihre Menstruation). Der Idealismus wurde zur Religion des Patriarchats und begründete seine Macht für mehr als zwei Jahrtausende. Die Körperlichkeit des Phallus als Symbol männlicher Kraft und Macht und dem Unterworfensein der Frauen entschwand mit der Idealisierung zwar, auf den Leib kam es nicht mehr an. Die im Phallus symbolisierte Allmacht aber blieb und wurde nun der Idee patriarchaler Männlichkeit zugeschrieben. Für die Göttinnen war kein Platz, der gewaltige altgriechische Gott Eros mutierte zum niedlichen Cupido, und Aphrodite, weitaus älter als Zeus, zwang man in der knidischen Darstellung des Bildhauers Praxiteles sich vollends zu entkleiden und ihren Körper allen lüsternen Blicken freizugeben, was indessen ihrer Schönheit nicht schadete. Die Idee der Götter konnte nur in einem Gott, nach dem Sturz der Göttinnen zudem nur in einem männlichen enden. Diese Idee des patriarchalen Eingotts war lange schon vor Christus Geburt geboren. Doch einer der wirkungsvollsten Nachfolger Platons und seiner Akademie war Paulus, der daraus das Christentum schmiedete. Nunmehr fand die leibliche Phallokratie ihre geistige (das heißt abstrakte) Überhöhung, die männliche Allmacht wurde zur Allmacht eines männlichen Eingotts, die Belebung der Natur wurde durch die geistige Durchdringung aller Ideen ersetzt und eine göttliche Befruchtung fand nur noch ein einziges Mal zur Erlösung der Welt statt, als der Heilige Geist Marias Schoß zur Aufnahme von Gottes Sohn öffnete. Damit verlor alles, was in den Leibern der Menschen steckte und alles, was in der Natur geschah, an Bedeutung. Mit der knapp acht Jahrhunderte nach Platon erfolgenden Entsexualisierung des Christentums, wie durch den Heiligen Ambrosius und den Heiligen Augustinus im vierten und fünften nachchristlichen Jahrhundert, vor allem mit der genialen Einführung der Erbsünde, mit der die Menschen die sexuelle Lust und  Liebe verbanden, wandelte sich die nunmehrige ideelle Phallokratie gemessen an ihrem Ausgangspunkt der prallen Darstellung des zeugungsbereiten erigierten männlichen Gliedes zwar in ihr Gegenteil -ein durchaus geläufiges Schicksal von Ideen, die sie ihrer Abstraktheit zu verdanken haben-, entwickelte sich aber zu einem ebenso perfekten wie nachhaltigen Instrumentarium zur Beherrschung der Menschen.

Wiedervereinigung von heiligem Schoß und heiligem Phallus
Dass die Phallokratie und damit der Thron des Patriarchats nunmehr ins Wanken geraten sind und sogar die Göttinnen ihre Rückkehr angekündigt haben, liegt nicht nur daran, dass mit dreihundert Jahren Verspätung die Aufklärung auch die Frauen erreicht hat, sondern auch an den immer abstrakter werdenden Methoden, sich die Erde untertan zu machen. Nachdem die Wahrheit niemals im Abstrakten, sondern immer nur in jedem einzelnen Menschen liegt, wird das Unternehmen in Bezug auf die Erde ständig riskanter. Mehr noch führen zunehmend abstrakt und wissenschaftlich gewonnene Erkenntnisse zurück zu der vor dreitausend Jahren so vernachlässigten systematischen Kraft des Lebens, das die Kraft der Göttin ist. Ideologisch muss, was tatsächlich zu ändern nie gelungen war, die Kraft wieder zurück in den Leib geholt und dort mit dem Geist vereinigt werden. Wie kann dies sinnbildlicher geschehen, als wenn der einst für heilig gehaltene Schoß und der noch heute vielfach weiterhin geheiligte Phallus sich in einer Weise vereinigen, dass sich die Lust und Liebe aller daran Beteiligter verallgemeinern.  Die natürlichen Grundlagen allen Lebens können auch von keiner Phallokratie, sei sie leiblich oder ideell, dauerhaft in Frage gestellt werden. Gegen den Stachel der Göttin lässt sich nicht löcken. gp

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